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NSG Karthäuser Mühlenbach


Karthäuser Mühlenbach (1)Das rund 156 ha große Bachauengebiet stellt einen repräsentativen Ausschnitt der Münsterländer Parklandschaft dar. Zu den prägenden Biotopen gehören die Fließgewässer Welter Bach und Karthäuser Mühlenbach, Waldflächen mit Stieleichen-Hainbuchen-Beständen, Kleingewässer sowie Acker- und Grünlandflächen, die zum Teil durch Hecken und Einzelbäume strukturiert sind. Ein Vergleich der Flächennutzungskarten von 1895 bis 1990 dokumentiert eindrucksvoll den Landschaftswandel (Groß 1991). 1895 dominiert in der Region auf den fruchtbaren Böden die Ackernutzung. Die Grünlandnutzung beschränkt sich auf die natürlichen Überschwemmungsgebiete. In der Nachkriegszeit nimmt der Grünlandflächenanteil stark zu und erreicht 1970 sein Maximum. Im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung ist die Landschaft heute wieder durch den Ackerbau geprägt. Das NSG stellt mit seinen verbliebenen Feucht- und Nassgrünlandflächen einen der bedeutendsten Lebensräume innerhalb des Stevereinzugsgebietes dar.

Der naturschutzfachlich wertvollste Grünlandkomplex weist ein feinkörniges Mosaik aus Röhrichten, Flutrasen, feuchten bis nassen Weidelgras-Weißkleeweiden (Lolio Cynosuretum), feuchten Hochstaudenfluren und mageren Säumen entlang der Zäune auf. Als floristische und faunistische Besonderheiten sind u.a. die Röhrige Pferdesaat (Oenanthe fistulosa RL 3/3), Bach-Nelkenwurz (Geum rivale, RL 3/3) und Gelbes Buschwindröschen (Anemone ranunculoides) sowie individuenstarke Vorkommen von Sumpfschrecke (Stethophyma grossum, RL 2/2), Kurzflügeliger Schwertschrecke (Conocephalus dorsalis, RL V/V) und Gefleckter Heidelibelle (Sympetrum flaveolum, RL V/V) anzuführen. Das abwechslungsreiche NSG bietet auch zahlreichen gefährdeten Brutvogelarten wie Eisvogel (RL 3N/2), Kleinspecht (RL 3/3), Zwergtaucher (RL 2/2) und Teichrohrsänger (RL 3/2) Lebensraum. Eine der Grünlandflächen wurde in historischer Vergangenheit als Flößwiese genutzt, d. h. regelmäßig überflutet und mit Bachsedimenten gedüngt. Charakteristisch ist der Wechsel zwischen schmalen, flachen Abzugsgräben und Geländerücken. In den Abzugsgräben sind Fragmentbestände der gefährdeten Sumpfdotterblumenwiese (Calthion) zu finden.

Der größte Teil der Waldflächen wird von Eichen-Hainbuchenwäldern (Stellario-Carpinetum) eingenommen. Naturschutzfachlich sehr wertvoll sind Relikte der Bach-Erlen-Eschenwälder (Pruno-Fraxinetum) auf quelligen Standorten, die nur noch punktuell im NSG ausgebildet sind. Als kulturhistorische Relikte sind die Park- und Teichanlagen bei Kloster Karthaus, sowie bronzezeitliche Hügelgräber im „Nettelbrooker“ Wald an der L 580 zu nennen. Prioritäres Schutzziel im NSG ist die Umwandlung von Ackerflächen in Grünland und die extensive Nutzung des Grünlandes zum Erhalt und zur Optimierung eines artenreichen Bachauenkomplexes. Eine große Herausforderung stellt die Förderung der Sumpfschrecken-Population dar. Darüber hinaus sind die Optimierung und die Neuanlage von Kleingewässern zur Wiederansiedlung des Laubfrosches sowie die naturnahe Waldbewirtschaftung von Bedeutung. Im Jahr 2005 wurden bereits erste Maßnahmen durchgeführt (u.a. Anlage von sieben Kleingewässern, Grünlandextensivierung, Ackerumwandlung). 

Sumpfschrecke (Stethophyma grossum, RL 2/2) – die leise „Stimme“ intakter Feuchtgebiete Die Sumpfschrecke ist auf extensiv genutztes Feuchtgrünland angewiesen. Die auffällig gefärbte, rund 5 cm große, flugfähige Heuschrecke überlebt als adultes Tier einen Sommer und ernährt sich von Binsen sowie Süß-und Sauergräsern. Sie ist auch für den Laien gut hörbar, da ihre mit den Hinterbeinen erzeugten Zirplaute wie Fingernägelknipsen klingen. Die nicht gut gegen Austrocknung geschützten Eier werden im Boden und zwischen den Gräsern abgelegt. Für eine erfolgreiche Entwicklung der Embryonen ist eine ausreichende Durchfeuchtung des Bodens bis zum nächsten Sommer und eine extensive Bewirtschaftung ohne Düngung von größter Wichtigkeit. Im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung und damit einhergehenden Entwässerungsmaßnahmen in den Bachniederungen sind die Bestände der Sumpfschrecke weitgehend erloschen. Im Kreis Coesfeld ist nur noch ein weiteres, individuenarmes Vorkommen im NSG Teiche in der Heubachniederung bekannt.