NSG Davert
Die Waldlandschaft der Davert ist eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete in der westfälischen Bucht und gilt als ein Musterbeispiel für den stau- und grundwassergeprägten Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald (Stellario-Carpinetum). In der Davert sind ausgedehnte Hainbuchenwälder vorhanden, die in ihrer Größe für Nordwestdeutschland und sogar für ganz Deutschland herausragend sind. Das Gebiet wurde mit einer Flächengröße von 2228 ha als FFH-Gebiet und als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen.
Den internationalen Schutz genießen aber auch die bodensauren Buchen- und Eichenwälder (Luzulo-Fagetum, Betulo-Quercetum, Fago-Quercetum) auf den eiszeitlich übersandeten Böden sowie die in Restbeständen vorhandenen, zum Teil torfmoosreichen Birken- und Erlen-Bruchwälder (Betuletum pubescentis, Carici elongatae-Alnetum) auf grundwassergeprägtem, anmoorigem Boden. Das Schutzgebiet erstreckt sich zu etwa gleich großen Teilen auf die Kreise Coesfeld und Warendorf sowie das Stadtgebiet von Münster. Die Davert beherbergt eine bemerkenswert große Zahl an seltenen Tier- und Pflanzenarten. Hiervon bevorzugt ein Großteil der Arten ungestörte und naturnahe Laubwälder, insbesondere alte Eichenwälder, mit einem hohen Anteil an Alt- und Totholz. Eine der Charakterarten der Eichenwälder ist der Mittelspecht (RL 2/1). Die Wälder der Davert gelten mit über 100 Brutpaaren als eines der bedeutendsten Brutgebiete dieser stark gefährdeten Spechtart in Nordrhein-Westfalen.
Das Artenspektrum in den Wäldern wird durch weitere Spechtarten wie Schwarzspecht (RL 3/3), Grünspecht (RL 3/*), Buntspecht und Kleinspecht (RL 3/3) ergänzt. Von dem großen Höhlenangebot, das durch die hämmernden Baumeister geschaffen wird, profitieren wiederum zahlreiche Singvögel, Fledermäuse und Insekten. Bisher wurden acht verschiedene Fledermausarten wie Kleiner Abendsegler (RL 2), Kleine Bartfledermaus (RL 3) oder Breitflügelfledermaus (RL 3) im Gebiet beobachtet. Da die Davert kein geschlossenes Waldgebiet ist, sondern aus mehreren Waldkomplexen mit angrenzenden hecken-und grünlandreichen Offenlandflächen besteht, bildet sie ein vielfältiges Mosaik verschiedener Lebensräume. Der Wespenbussard (RL 3N/3N), der seinen Horst in den Wäldern der Davert anlegt, nutzt die Offenlandbereiche zur Nahrungssuche.
Die strukturreichen Waldinnensäume, Waldmäntel und Lichtungen sowie unbefestigte Wege tragen dazu bei, dass das Gebiet auch für die Tagfalterfauna herausragend ist. Die Davert gilt als das wichtigste Verbreitungsgebiet waldgebundener Tagfalter im Münsterland (Beulting 2005). Arten wie Kaisermantel (Argynnis paphia, RL 3/2), Kleiner Eisvogel (Limenitis camilla, RL 2/2), Pflaumen-Zipfelfalter (Satyrium pruni, RL 2/2), Gelbwürfeliger Dickkopffalter (Carterocephalus palaemon, RL 3/2) oder Großer Schillerfalter (Apatura iris, RL */3) sind nur einige die Davert bereichernde Tagfalter, die wir heute in intensiv genutzten Landschaften nicht mehr vorfinden. Als besonderes Highlight gilt ein Eichen-Hainbuchenbestand mit Vorkommen der landesweit stark gefährdeten Flatter-Ulme (Ulmus laevis, RL 2/2).
Der Flatter-Ulme kommt wiederum eine spezielle ökologische Bedeutung als Eiablage- und Raupenfraßpflanze für den Ulmen-Zipfelfalter (Satyrium walbum, RL 1/0) zu. Der Falter galt in NRW noch vor wenigen Jahren als ausgestorben und konnte hier 1999 wieder entdeckt werden. Von besonderer Bedeutung ist die Davert auch für den Schutz einer seltenen Libellenart. Der Emmerbach durchfließt das Gebiet und ist eines der wichtigsten Fortpflanzungsgewässer der vom Aussterben bedrohten Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale, RL 1/1) in NRW.
Mittelspecht (Dendrocopus medius), RL 2/1, Anhang I-Art der EU-Vogelschutzrichtlinie Der Mittelspecht sieht dem Buntspecht ähnlich, ist von diesem jedoch u.a. durch die ausgedehnte rote Kopfplatte sowie den kürzeren Schnabel zu unterscheiden. Er stellt ungleich höhere Ansprüche an seinen Waldlebensraum und zeigt eine starke Bindung an grobborkige Bäume. Daher kommt er bei uns vor allem in älteren, großflächigen Eichenwäldern vor, wo er an der Eichenborke die stamm- und rindenbewohnenden Insekten und Spinnen absammelt.
Eine wechselvolle Landschaftsgeschichte
Noch vor über tausend Jahren galt die Davert als eine unwirtliche und zum Teil unzugängliche, sumpfige und nahezu unbewohnbare Landschaft aus Moor- und Bruchwäldern. Mit dem Beginn der Besiedlung in den randlichen Lagen setzte ab dem 12. Jahrhundert die forstwirtschaftliche Nutzung der Wälder ein. Die umliegenden Bauern nutzen die Davert als Weide- und Hüteland, Brenn- und Bauholz wurde aus den Wäldern entnommen. Große Flächen wurden gerodet und es entstanden bis 1800 u.a. ausgedehnte Heideflächen, „Sumpf- und Ödland“. Die Davert zählte einst auch zu den großen Wildbahngestüten, in denen die „Davertnickels“, eine alte und robuste Pferderasse, weidete. Die Wildbahn wurde im Zuge der Teilung der ehemaligen Davertmark (1800-1841) aufgelöst und die Davertnickels starben aus. Im 19. Jahrhundert gingen mit der Erschließung durch Wege und der systematischen Anlage von Gräben viele Feuchtgebiete verloren. Im 20. Jahrhundert zerschnitten schließlich Eisenbahn und die Autobahn die Landschaft, der Emmerbach wurde begradigt und viele ehemalige Grünlandflächen in der Aue wurden ackerfähig.