Ein Sommer für die Artenvielfalt
01.10.2021In den Sommermonaten hat die Initiative des Naturschutzzentrums „Vielfalt am Wegesrand – Kreis Coesfeld blüht auf“ ihre alljährliche Hochphase. Samen werden geerntet und auf artenarme Flächen aufgebracht. Hierfür werden auch die gekennzeichneten Spendersäume gemäht und auf die ausgewählten Areale übertragen.
Mit der tatkräftigen Unterstützung ehrenamtlicher Kartierer werden seit einigen Jahren die Wegränder im gesamten Kreis Coesfeld erfasst, um noch artenreiche Standorte zu finden. Sind Wegränder mit Arten, wie Flockenblume, Odermennig, Margerite und Co. gefunden, werden diese Standorte in Absprache mit den jeweiligen Eigentümern markiert und von der regelmäßigen Pflege der Kommunen ausgespart. Dort können die Blütenpflanzen bis zum Sommer wachsen und die benötigten Samen ausbilden.
Im Sommer beginnt die heiße Phase. Für die Ernte muss der richtige Zeitpunkt abgepasst werden: die Samen müssen reif, aber noch nicht ausgefallen sein. Um später möglichst das gesamte Artenspektrum auf eine neue Fläche zu übertragen, werden die Samen der frühreifen Pflanzen, wie Margerite, Wiesen-Bocksbart und Scharfer Hahnenfuß bereits Ende Juni, Anfang Juli mit dem sogenannten „Wiesefix“ geerntet. Mit Hilfe einer rotierenden Bürste befördert der „Wiesefix“ die reifen Pflanzenteile in einen Auffangbehälter. Die Samen werden getrocknet und bis zum Hochsommer gelagert. Im August sind dann spätere Pflanzenarten, wie Flockenblume, Odermennig und Knautie reif und werden geerntet. Danach kann die gemeinsame Übertragung aller geernteter Arten beginnen.
Zunächst werden die Empfängerflächen für bestmögliche Keimungsbedingungen der Samen vorbereitet und ihre Grasnarben, nach erteilter Genehmigung, mit einer Bodenfräse geöffnet. Ist das Saatbett vorbereitet, kann die gesamte Ausbeute des „Wiesefix“ von Juni und August auf den vorbereiteten Flächen verteilt werden. Auch das Mahdgut ausgewählter Spendersäume wird aufgebracht. Für den notwendigen Bodenkontakt werden die Flächen abschließend angewalzt.
Die beschriebene Vorgehensweise erfordert viel Handarbeit und Organisation, die nur durch die Einsatzgruppe Naturschutz ermöglicht werden kann. Nach einer dreijährigen Projektlaufzeit konnte die Einsatzgruppe ab März dieses Jahres durch die Unterstützung des Kreises Coesfeld sowie Auftragsarbeiten zur Förderung der Natur dauerhaft im Naturschutzzentrum etabliert werden. Seit September wird die die Einsatzgruppe durch Bundesfreiwilligendienstleistende des Naturschutzzentrums ergänzt.
Aus Sicht des Naturschutzzentrums bietet die beschriebene Vorgehensweise aus Mahdgutübertragung und Saatgut-Ernte mittels „Wiesefix“ die beste Möglichkeit zur Förderung der floristischen Artenvielfalt. Dabei geht es geht nicht darum, möglichst viele verschiedene Blütenpflanzen auf einer Fläche zu etablieren, sondern die natürlichen Pflanzengesellschaften zu fördern, die lokal an den jeweiligen Standort angepasst sind. Die lokal heimischen Pflanzen helfen unseren Insekten zu überleben und sich fortzupflanzen.
Mit der Fortführung der Einsatzgruppe über den geförderten Projektzeitraum hinaus, konnte ein wichtiger Baustein der kreisweiten Naturschutzarbeit erhalten werden.
Die Arbeitseinsätze zur Artenanreicherung finden noch wenige Wochen im Spätsommer statt. Danach müssen alle Beteiligten Geduld haben, denn erst im kommenden Sommer werden die übertragenen Pflanzen sichtbar. Das zeigen bereits Flächen im Kreisgebiet, die auf diese Weise erfolgreich aufgewertet wurden.
Haben sich die gewünschten Zielarten im nächsten Jahr in den Empfängerflächen entwickelt, findet die weitere Verbreitung der Pflanzen in den Flächen mit Hilfe der Bewirtschaftung durch Mahd oder Beweidung statt. Bis sich die Pflanzengesellschaften in den gesamten Flächen etabliert haben, vergehen einige Jahre. Doch Aufwand und Zeit lohnen sich: der Effekt für die Artenvielfalt ist nachhaltig und langanhaltend. Die Natur wird es uns danken!